Von der Unvollkommenheit zur Vollkommenheit
Wer meinen Blog öfter liest, weiß, dass ich viele Inspirationen in meinem Alltag erhalte. Es sind Bilder, die mir begegnen und die mich inspirieren zu schrieben. So auch dieses Mal.
Ich bin auf meiner Baustelle in Dithmarschen, wo mein Mann und ich seit einiger Zeit unser Haus renovieren. Heute war die Mauer im Garten dran. Als ich gerade dabei war zu grundieren, kam mein Mann frustriert aus dem Haus und sagte: „Die Wände drinnen sind an jeder Ecke krumm und schief und die Fußleisten passen einfach nicht.“
Meine ganz ungefilterte Erwiderung war: „Ich bin schon die gesamte Mauerlänge mit Unvollkommenheit zusammen.“ Und als dieser Moment vorbei war und ich wieder an meine Mauer ging, wurde mir so richtig bewusst, was ich da gesagt hatte. Die Mauer ist unvollkommen. Ich habe versucht, sie an einigen Stellen mit Mörtel zu reparieren. Jetzt wird sie von mir gestrichen. Aber man wird trotzdem einige Löcher und abgeplatzte Stellen sehen und die Unebenheiten, die sie in sich trägt. Ich habe versucht, sie auszubessern, aber ein Schatten bleibt.
Ähnlich geht es uns mit dem Mensch-Sein. Wir haben Verletzungen erfahren, mal tragen wir sie auf der Außenhaut, mal reichen sie tiefer. Je mehr wir versuchen, sie zu kaschieren, desto mehr möchten sie an die Oberfläche, um gesehen und angenommen zu werden. Dann kann Transformation stattfinden.
Wie wäre es, wenn wir vom Augenblick der Unvollkommenheit in die Vollkommenheit wechseln? Wo unsere Verletzungen, Fehler und Unebenheiten genau da sein dürfen, wo sie sind. Wo wir mit ihnen in Kontakt sind. Wenn wir dies relativ wertfrei tun können, dann muss nichts besser werden und kein Ziel erreicht werden. Sie sind einfach nur da und gefährden uns nicht.
Das heißt nicht, dass wir alles so hinnehmen müssen, aber wir bekommen ein Gespür dafür, wie Situationen auch sein können, ohne dass wir in unseren Reparaturmodus verfallen. Denn der steht meistens auf Autopilot. Wenn wir diesen Impuls einer automatischen Reaktion bemerken, haben wir die Chance, uns wegzubewegen vom Automatismus. Andere Strategien helfen uns zu einer freieren Reaktion. Mmmhhh, fühlt sich das gut an.
Erkennen wir die Vollkommenheit des Moments an, die Vollkommenheit im Unvollkommenen, dann sind vielleicht ein wenig entspannter mit dem, was gerade passiert. Hier hilft Achtsamkeit.
Wie und wo findest du Momente, wo du das anerkennst, was gerade da ist und nichts verändern möchtest?