Mindfulness extreme

Mindfulness extreme

Wie es möglich ist bei großer Kälte oder Hitze zu meditieren und dabei die Ruhe zu bewahren

Ich habe bei minus 10 Grad ohne Heizung meditiert und bei plus 39 Grad ohne Klimaanlage. Für einen Menschen mitteleuropäischer Herkunft, wie ich es bin, eher ungewöhnlich, denn entweder ist es draußen wohltemperiert oder die Räume sind es.

Aber halten mich solche Wetterbedingungen vom Meditieren ab? Klares Nein! Wer mich näher kennt, weiß – ich liebe Herausforderungen. 🙂 Auf eine Art sind solche extremen Wettersituationen für den Körper und noch mehr für unseren Geist eine echte Herausforderung.

Immer wieder die Gedanken einfangen, die einem leise ihre Botschaft ins Ohr flüstern

Bei Hitze denkst du vielleicht: „Puh, das ist ganz schön heiß. Wann kommt endlich eine frische Brise?“ „Ist die Hitzewelle bald vorbei?“ „Warum muss es jetzt gerade wieder so heiß sein? Ich halte das nicht mehr aus.“ „Eine Abkühlung wäre jetzt schön.“ „Das ist der Klimawandel. Was kann ich tun?“

Und bei Kälte plappert dein Geist dann vielleicht: „Brrr, die Kälte fühle ich bis in die Knochen.“ „Ich bin diesem Wetter schutzlos ausgeliefert.“ „Wie wird mir jemals wieder warm werden?“

Solche Gedanken kommen aber auch ganz alltäglich und unabhängig von Extremen vor. Auch bei weitaus milderem Wetter mögen Gedanken auftauchen wie zum Beispiel: „Jetzt ein heißer Tee….“ „Hätte ich bloß meine dicken Socken angezogen.“ „Statt zu meditieren wäre es viel schöner im See zu baden.“ „Es ist gerade viel zu warm, um irgendwo stillzusitzen.“

Das hilft um deinen Geist vom Wetter zu lösen

Wenn die Gedanken Fahrt aufnehmen und ich mich mehr mit dem Wetter beschäftige, statt zur Ruhe zu kommen, dann sage ich mir im Geiste „Hey, es ist das Wetter. Das kannst du nicht ändern.“ Ah, stimmt. Da war doch was. Achtsam sein heißt auch, Dinge klar zu erkennen, die ich nicht ändern kann, statt mich daran abzuarbeiten.

Dann lenke ich meine Aufmerksamkeit zurück auf die Gegenwart und beobachte, was gerade passiert, statt mir Gedanken zu machen. Ich erlebe diesen Moment ganz bewusst über meine Sinneswahrnehmungen.

Vielleicht ist es gerade die Schweißperle auf meiner Stirn, die in meinem Gesicht herabläuft und ich nehme wahr, wie kitzelig das ist. Oder ich bemerke die Gänsehaut, weil mir ein Schauer durch den Körper läuft.

Oft wird übrigens der Atem als das primäre Meditationsobjekt genommen, das wir zu Beginn unserer Praxis wählen. Der dient uns dann als Anker. Den wandernden Geist wieder dorthin zurückzulenken, ist das wirkliche Training für unseren Achtsamkeitsmuskel. Dass auch Gedanken in der Meditation entstehen, ist doch klar. Wenn du das bemerkst, ist deine Aufgabe nur sie freundlich und bestimmt wieder zurückzubringen. Das ist manchmal leichter gesagt als getan. Aber jedenfalls bist du hier der Bestimmer/die Bestimmerin, oder? Denn im Gegensatz zum Wetter hast du in der Hand was du denkst.

Die minus 10 Grad habe ich übrigens in Nepal erlebt. Da hatte ich mich etwas verschätzt mit dem Wetter und musste alle Sachen aus meinem Rucksack wie eine Zwiebel übereinander ziehen. Seitdem habe ich auch einen wollenen Umhang.

Die plus 39 Grad waren nicht in Indien, sondern vorletzte Woche bei einem Retreat in Süddeutschland. Eine schöne Halle in einem ausgebauten Dachstuhl. Du verstehst, was ich meine? Da gab es schon im Vorwege Hindernisse auszuräumen, um mich überhaupt in die Meditationshalle zu bekommen.

Kennst du auch diese Gedanken, die dich vom Meditieren abhalten möchten?

„Es ist viel zu schönes Wetter.“ „Ich habe noch so viel zu tun.“ „Meine Kinder kommen gleich aus der Schule.“ „Ich muss noch einkaufen gehen.“ „Heute ist doch unser Paarabend“. „Die Pflanzen müssen noch gegossen werden.“ Und so weiter.

Es gibt sicher viele gute Gründe, warum es gerade nicht passt. Aber mindestens ebenso viele, warum du dir 20 Minuten oder mehr Zeit schenken solltest, um dich mit dir selbst zu befassen und dir etwas Gutes zu tun. Also halte Ausschau nach diesen Minuten, wo es für dich möglich ist, statt dich mit dem zu beschäftigen, was es verhindert. Ich bin sicher, es wird ein Zeitfenster geben.

Vielleicht hat die Orientierung im Außen auch gar nichts mit dem Wetter da draußen zu tun. Oft zeigt das ganze „To-Do“ das innere Wetter auf. Es zeigt, wie knapp wir die Zeit für uns bemessen und wie wenig Ruhe und Genuss wir uns gönnen, weil wir es uns nicht erlauben. Immer gibt es etwas Wichtigeres zu tun. Wirklich? Wie wäre es denn, wenn du zuhause oder in der Natur an deinem Lieblingsplatz einfach mal innehältst und dich niederlässt? Dir deinen Zwischenraum suchst im hektischen Alltag und dir bewusst wird, wie gut dir das eigentlich tut.

„Meditiere 20 Minuten täglich, es sei denn, du hast keine Zeit, dann meditiere eine Stunde.“ 

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