Gabriela Voss, Achtsamkeits-und Self Leadership-Coach, Freiraumfinderin, Resilienztraining, Stressbewältigung, Achtsamkeit, Mindfulness

Wie ein Bambus im Sturm: Die 7 Säulen der Resilienz durch Achtsamkeit stärken

(Lesedauer ca. 8 Minuten)

Ich wohne in Dithmarschen. Wenn wir für etwas bekannt sind, dann Kohl und teils heftige Stürme. Für Sturm braucht es keinen Herbst mehr. Er kann jederzeit über einen hereinbrechen. So übrigens auch in unserem täglichen Leben.

Wenn ich in meinen Garten blicke, sehe ich meinen Bambus im Wind tanzen. Wird der Wind zu einem Sturm, können starre Bäume brechen, während mein Bambus sich biegt und wieder aufrichtet. Er bricht nicht. Genau diese Qualität brauchen wir Menschen in unserem Leben: Resilienz. Die Fähigkeit, flexibel zu bleiben, ohne zu zerbrechen.

Was ist Resilienz?

Resilienz bedeutet nicht stoisches „Zähne zusammenbeißen“ oder ein verzweifeltes „Das muss ich aushalten“. Es geht auch nicht um Selbstoptimierung, sondern um Anpassung an Lebenssituationen, die uns herausfordern und mehr abverlangen als üblich. Resilienz ist die Kunst, Lebenskrisen zu meistern, ohne daran zu zerbrechen. Wie der Bambus, der seine Stärke aus der Flexibilität zieht.

Wenn ich in meinem Leben zurückblicke, gab es schon die eine oder andere Krise, die ich überstanden habe, beruflich wie privat. Ich glaube, jede hatte den Sinn, mich wachsen zu lassen. Das ist mir früher oft erst mit Blick in den Rückspiegel klar geworden. Dann, wenn der Schmerz Raum bekommen hat und abgeebbt ist.

Als Achtsamkeits- und Self Leadership-Coachin begleite ich heute Menschen durch ihre Veränderungsprozesse und weiß, dass sie viel mehr vermögen, als ihnen manchmal bewusst ist. Das jedenfalls ist eines meiner Learnings auf meiner bisherigen Reise.

Das Resilienz-Modell nach Ursula Nuber, das ich dir hier gern vorstellen möchte, hat sieben zentrale Säulen identifiziert, die unsere psychische Widerstandskraft stärken. Diese Säulen sind irgendwie ein bisschen wie mein Bambus im Garten – die ersten drei bilden das tiefe Wurzelsystem (deine Grundhaltungen), die anderen vier sind die sichtbaren, kraftvollen Halme (deine Handlungen), die sich gen Himmel strecken.

Die ersten drei Säulen: Dein Wurzelsystem (Grundhaltungen)

1. Optimismus – Das Gute bewusst sehen

Optimismus bedeutet nicht, die Realität schönzureden. Es geht darum, bewusst wahrzunehmen, was möglich ist. Du siehst Chancen und behältst auch in extremen Situationen deine Zuversicht, denn du vertraust dir selbst. Sei das Strahlen für dich, auch in dunklen Tagen. So wie ein Bambus, der auch im dichtesten Wald das Licht findet.

Achtsamkeitsmoment: Leg eine Hand auf dein Herz, atme bewusst ein und frage dich: „Was ist gerade gut in meinem Leben?“ Auch kleine Dinge zählen – der warme Kaffee, das Lächeln einer Kollegin, ein gelöstes Problem. Lass dieses Gefühl der Dankbarkeit durch deinen Körper fließen.

2. Akzeptanz – Das Serenity-Prinzip leben

Das Serenity-Prinzip lautet: „Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ (Reinhold Niebuhr)

Diese Haltung befreit uns von erschöpfenden Kämpfen gegen Unveränderliches. Wir wissen, worauf wir Einfluss nehmen können und worauf nicht. Statt Widerstand und Ärger üben wir Akzeptanz. Mein Bambus im Garten kämpft nicht gegen den Wind – er tanzt mit ihm.

Self-Leadership-Moment: Denk an eine aktuelle Herausforderung. Zeichne gedanklich eine Linie: Links schreibst du, was du NICHT ändern kannst, rechts, was in deiner Macht steht. Wo investierst du gerade deine Energie? Führst du dich bewusst zur rechten Seite?

3. Lösungsorientierung – Der Weg nach vorn

Statt endlos zu grübeln „Warum passiert mir das?“, fragen resiliente Menschen: „Wie gehe ich damit um?“ Der Blick richtet sich nach vorn und kreative Lösungen sind absolut erlaubt. Mein Bambus wächst übrigens immer zum Licht.

Achtsamkeitsmoment: Wenn du das nächste Mal in einem Problem gefangen bist, halte inne. Atme dreimal tief durch. Dann frage dich achtsam: „Was ist mein allerkleinster nächster Schritt, der gerade möglich ist?“ Spüre, wie sich deine Energie verschiebt – vom Problem hin zur Lösung.

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Die nächsten vier Säulen: Deine kraftvollen Halme (Handlungen)

Ich bin immer wieder überrascht, wenn ich am Fuße meiner Bambushecke sehe, wie dick die Halme bereits sind, wenn sie aus der Erde kommen. Bambus hat kein Dickenwachstum, für ihn geht es nur in Richtung Himmel. Bereits in diesem Anfangsstadium kann ich spüren, welche Kraft ihnen innewohnt.

Die nächsten vier Säulen sind deine aktiven Kräfte – sie wachsen aus deinem starken Wurzelsystem und zeigen der Welt deine Stärke.

4. Selbstwirksamkeit – Ich spüre meine Kraft

Mein Bambus fragt sich wohl nicht, ob er selbstwirksam ist, er macht einfach. Selbstwirksamkeit bedeutet zu wissen: „Ich kann etwas bewirken.“ Du vertraust in deine eigenen Fähigkeiten und meisterst deine Herausforderungen. Wenn du diese Stärke pflegst, kommst du raus aus dem Selbstmitleid und verlässt die Opferrolle.  

Self-Leadership-Moment: Leg beide Hände auf deine Körpermitte und spüre deine Kraft. Frage dich: „Wo habe ich diese Woche bewusst geführt statt nur reagiert? Wo bin ich aus der Opferrolle ausgestiegen?“ Verbinde dich mit deiner Kraft.

5. Verantwortung übernehmen – „Ich bin der/die Regisseur:in meines Lebens“

Hier lässt sich meine Bambus-Metapher nicht anwenden. Oder hast du eine Idee dazu?

Du triffst eigenständige Entscheidungen und übernimmst von Verantwortung für dein Leben. Schuld ist keine Kategorie, in der du denkst und die dich lähmt.

Self-Leadership-Moment: Halte einen kurzen Moment inne und frage dich liebevoll: „Wo habe ich heute im Konzept von Schuld gesteckt? Welche Möglichkeiten sind mir dadurch entgangen?“ Dann atme tief durch und verspreche dir, dass du es morgen anders machen wirst.

6. Netzwerkorientierung – Gemeinsam stark wie ein Bambus-Hain

Bambus wächst selten allein. Ein Bambus wächst in einem Hain und schützt so jeden einzelnen Halm. Genauso brauchst du Menschen, die dich unterstützen. Das müssen nicht viele sein, aber bewusst gewählte. Gleichermaßen bist du bereit, etwas zu der Gemeinschaft beizutragen. So ist dieses Netzwerk ein Geben und Nehmen.

Achtsamkeitsmoment: Schließ die Augen und lass die Gesichter der Menschen vor dir entstehen, die dich wirklich sehen und unterstützen. Spüre die Wärme dieser Verbindungen in deinem Herzen. Wann hast du das letzte Mal bewusst Zeit mit ihnen verbracht? Wann hast du selbst jemandem diese Unterstützung gegeben?

7. Zukunftsorientierung – Vision mit Bodenhaftung

Das Ziel meines Bambus ist klar, der will sich ausbreiten. Resiliente Menschen haben eine klare Vorstellung davon, wo sie hinwollen – ohne dabei die Realität aus den Augen zu verlieren. Im übertragenen Sinn wie ein Bambus, der täglich wächst, aber seine Wurzeln nicht vergisst.

Es müssen übrigens nicht immer die ganz großen Ziele sein, die wir verfolgen. Um fokussiert und motiviert zu bleiben, helfen auch kleinere Zwischenziele deine „Meilensteine“. Deine Welt heißt aktiv Antworten auf die Herausforderungen zu finden, statt passiv nur zu reagieren.

Self-Leadership-Moment: Stell dich aufrecht hin, als würdest du deinen inneren Kompass ausrichten. Blick nach vorn und frage dich: „Wo will ich in einem Jahr stehen? Was ist mein nächster bewusster Schritt in diese Richtung?“ Spüre, wie diese Klarheit dir Kraft gibt und dich aus aktuellen Problemen heraushebt.

Zum Abschluss: Die Selbstreflexion – Der achtsame Blick nach innen

Das ist die Königsdisziplin: Dich selbst wohlwollend beobachten. Was denkst du? Was fühlst du? Was brauchst du wirklich? Diese ehrliche Selbstwahrnehmung ist der Schlüssel zu allem anderen.

Du kannst dir deine eigenen Stärken und Schwächen bewusst werden und an den Säulen arbeiten, die dir etwas wackelig vorkommen. Aber nicht im Sinne von Selbstoptimierung. Schenke dir einen freundlichen Wunsch, wie du es bei einem Menschen tun würdest, der dir sehr nahesteht.

Verwurzelt und flexibel begegnest du den Stürmen des Lebens.

Die tägliche Bambus-Praxis für mehr Resilienz

Und nun zur Praxis. Das ist das A und O. Bis jetzt war es Theorie und erhöht zwar unser Wissen, aber nicht unseren Erfahrungsschatz. Den brauchen wir aber zum Lernen.

Wie kannst du diese sieben Säulen in deinen Alltag integrieren? Hier ist ein Vorschlag für dein persönliches Resilienz-Training:

Setz deine Säulen-Intention: „Welche drei Säulen will ich heute besonders stärken?“
(Denke an den Bambus, der sich jeden Morgen neu zum Licht ausrichtet)

Bei Stress frag dich: „Welche Säule hilft mir jetzt?“ Dann aktiviere sie bewusst:

  • Optimismus: „Was ist hier möglich?“
  • Akzeptanz: „Was darf sein, wie es ist?“
  • Lösungsorientierung: „Was ist mein nächster kleiner Schritt?“
  • Selbstwirksamkeit: „Welche meiner Fähigkeiten kann ich jetzt aktivieren?“
  • Verantwortung: „Wie soll das Drehbuch für diese Situation aussehen.“
  • Netzwerk: „Wen kann ich ansprechen?“
  • Zukunftsorientierung: „Wo will ich hin?“

Säulen-Reflexion: „Welche Säule war heute besonders aktiv? Welche braucht morgen mehr Aufmerksamkeit?“

Der Körper erinnert sich

Ein besonderer Tipp: Verbinde jede Säule mit einer einfachen Handbewegung. Für Optimismus öffnest du z. B. die Hand wie eine Blume zur Sonne. Für Akzeptanz öffnest du beide Handflächen nach oben. Dein Körper wird sich an diese Gesten erinnern und die entsprechende innere Haltung aktivieren.

Beginne gleich heute mit deinem Resilienz-Training

Du musst nicht alle sieben Säulen gleichzeitig perfektionieren. Beginne mit der Säule, die dich am meisten anspricht – sie wird die anderen tragen.

Welche der sieben Säulen resoniert heute besonders mit dir?

Resilienz ist kein Ziel, sondern ein steter Prozess, der durch die Praxis im Alltag gestärkt wird. Das Motto lautet: Flexibel bleiben, ohne zu brechen. Stark sein, ohne starr zu werden.

Sei dein eigener Bambus-Hain – verwurzelt in deinen Grundhaltungen, kraftvoll in deinen Handlungen und wunderschön, gerade weil du alle Stürme des Lebens meistern kannst. Ich bin noch immer begeistert von meinem Bambus, der hier im Garten wild vom Wind geschüttelt wird.


Wenn du tiefer in die Welt der achtsamen Resilienz eintauchen möchtest, begleite ich dich gerne auf diesem Weg. Vielleicht in einem 1:1-Coaching? Manchmal braucht es jemanden, der uns dabei hilft, unsere Stärken auf die Bühne des Lebens zu heben.