Die Klimadiskussion ist im vollen Gange. Was kann jede/r Einzelne von uns tun?
Vorgestern habe ich nach den Nachrichten eine politische Diskussion bei Maybrit Illner verfolgen können. Mich hat das Thema „Rettet das Klima. Wer zahlt den Preis?“ angesprochen. Ich hatte mir Erhellendes von den beiden Politikern der Runde, darunter unser amtierender Wirtschaftsminister, versprochen, aber der wirkliche Lichtblick waren für mich Prof. Dr. Christoph M. Schmidt (Vorsitzender des Sachverständigenrates „Wirtschaftsweise“) und vor allem Prof. Dr. Antje Boetius (Biologin, Polar- und Tiefseeforscherin. Direktorin des „Alfred-Wegener-Institut Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung“ in Bremerhaven. Unterstützerin „Scientists for future“).
Frau Boetius spricht von einem rasanten Artensterben und extremer Veränderungen in der Welt, wie wir sie bisher kennen. Insbesondere die CO2-Belastung ist nicht mehr mit kleinen Schritten in den Griff zu bekommen, sagt sie. Für die großen Schritte, die notwendig sind, braucht es die Politik und den Blick auf das „große Ganze“.
Nun wollte Maybrit Illner in ihrer Diskussionsrunde immer wieder gern den Verzicht und die Einschränkungen in den Vordergrund stellen, die ein verringerter CO2-Ausstoß mit sich bringt. Bis es Frau Boetius zu viel wurde. Auf die Frage Illner an Habeck: „Geht es ohne Verbote oder muss es heißen: Wer das Klima schützen möchte, muss verzichten?“, sprang Frau Boetius dem, ein wenig umherrudernden, Politker kurzerhand mit folgender Aussage zur Seite:
„Es ist doch nicht in unserer DNA, dass wir so viel fliegen oder einmal pro Woche 1 Euro-T-Shirts kaufen. (…). Reden Sie uns doch nicht immer diesen Verzichtkram ein.“
Sehr erfrischende Aussage, wie ich finde. Leider ist das Video nicht mehr verfügbar, so musst eich den Link leider entfernen.
Warum schreibe ich in meinem Achtsamkeits-Blog darüber?
Weil ich mitten drin lebe in dieser Welt, die so sehr von uns überfordert wird. Weil ich diese Welt liebe und sie mich interessiert. Wenn ich achtsam leben möchte, dann umfasst das alle Lebensbereiche und nicht nur die Zeit auf meinem Sitzkissen in Stille. Dann versuche ich mich in dieser Welt zu verorten und zu erkennen, was mein Beitrag sein könnte, damit noch viele Generationen in Freude hier leben können – und zwar fernab von einem politischen Instrument, aber mit meinem gesunden Menschenverstand.
Dieser sagt mir immer öfter, dass die Schnelllebigkeit ein ernstzunehmender Gegner ist. Die Zeit scheint zu rasen, wir sind fast immer in Aktion und das Denken kommt dabei oftmals zu kurz. Dabei brauchen komplexe Zusammenhänge durchaus mehr als Aktionismus und Verschärfung des Dialogs.
Ich musste schmunzeln, als ich hörte, wie Frau Boetius sich nicht auf die Verzichts-Diskussion einlassen wollte. Weil sie es nämlich nicht als Verzicht empfindet, wenn sie kein eigenes Auto mehr fährt oder weniger Fleisch isst oder sich nicht jede Woche etwas Neues zum Anziehen kauft. Sie lebt diese Dinge. Das ist ihr Beitrag und nach meinem Empfinden mindestens genauso wichtig, wie auf den großen Wurf in der politischen Debatte zu warten, denn das dauert oft zu lange.
Was können wir in unserem Handlungsrahmen tun?
Ich kenne deine Möglichkeiten nicht, aber ich erzähl mal, was ich so mache:
- In Hamburg mache ich das Meiste mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln
- Ich kaufe überwiegend Bio-Lebensmittel
- Ich lebe vegetarisch bis vegan
- Der Strom kommt aus erneuerbaren Energien
- Die jährliche Flugreise nach Asien wird nur noch alle zwei Jahre stattfinden, wenn überhaupt
- Ich benutze bereits bedrucktes Papier (und mein Mann und ich müssen immer noch eine Menge ausdrucken für Seminare) noch einmal für weniger wichtige Ausdrucke oder Skizzen
- Klar trenne ich Müll, aber noch lieber vermeide ich ihn, indem ich lose Ware kaufe, größere Gebinde oder mir meine Behältnisse für „to go“-Essen bzw. Trinken mitnehme.
- Ich kaufe öfter mal gebrauchte Sachen statt neu. Warum gut erhaltene Dinge wegschmeißen, wenn sie noch verwendet werden können? Gerade bei Waschmaschinen, Geschirrspülern, Kühlschränken, etc. sehe ich nicht ein, warum es nur Neuware tun soll.
- Mein Handy überlebt immer den Zweijahres-Zyklus des Vertrages 🙂
- Und noch vieles mehr…
Vielleicht sind das nur kleine Schritte, aber es sind meine. Sie bringen mich raus aus dem Ohnmachtsgefühl, raus aus den Gedanken, dass andere über mich bestimmen. Sie geben mir ein Gefühl von Handlungsfähigkeit und Zugehörigkeit.
Du machst Dinge vielleicht anders als ich, findest einiges von dem, was ich tue, interessant, anderes doof. Wir alle jedoch erreichen etwas mit unserem Verhalten. Wir gestalten die Welt in der wir leben wollen – so oder so.
Ich lebe gern bewusst, ohne dass ich dabei an Verzicht denke, denn jedes „NEIN“ zu einer Sache ist ein „JA“ zu einer anderen. Ich sage „JA“ zu diesem Planeten und den Menschen, die darauf leben. Was ist dein „JA“?