Vom Aggregatzustand der Gefühle

Vom Aggregatzustand unserer Gefühle

Gefühle zum schmelzen bringen

Seit langem mal wieder Schnee in dieser norddeutschen Region. Eine Nachbarin erzählte mir, dass ihr 14-jähriger Sohn noch nie Schnee gesehen hat! Das ist unglaublich, oder?

Was ich beobachte in dieser besonderen Winterzeit des Jahres 2021, wo wir alle noch irgendwie anders in die Welt gebaut sind bzw. sein müssen, ist, dass die Aggregatzustände ziemlich schnell wechseln. Das ist in der Materie ebenso wie bei unseren Stimmungen und Gefühlen zu beobachten.

Beim letzten Spaziergang, gerade heute Morgen, sagte mein Mann zu mir, dass er die Schneekristalle in der Sonne so faszinierend findet, weil sie so herrlich glitzern und das Licht reflektieren. Doch es braucht nur ein paar Grad, da löst sich diese Kristallstruktur auf und der vormals so fluffige Schnee wird matschig und schmilzt sogar ganz weg. Dann wieder kommt Regen, die Temperaturen sinken und gefährliche Eisglätte kann entstehen. Und so mancher Dauerregen bei milden Temperaturen löst dann Überschwemmungen aus.

Im Kern haben alle diese Phänomene eines gemeinsam – sie sind Wasser. Dieses Wasser hat die Fähigkeit, sich bei unterschiedlicher Temperatur und Druck entsprechend zu verändern, von einem Aggregatzustand in den anderen zu wechseln. Von fest zu flüssig und wenn es ganz heiß wird zu dampfförmig. Auch dazwischen gibt es viele mögliche mehr oder weniger lose Strukturen, in denen sich die einzelnen Moleküle miteinander organisieren.

Warum dieser Ausflug in die Naturwissenschaften? Für mich ist das Bildnis der Bindungskraft zwischen den Molekülen sehr hilfreich, wenn es um die Bindungskraft von Emotionen in uns geht. Das fühlt sich nämlich oft so an, als ob da etwas feststeckt, also sehr fest in unserem Körper und in unser Verhalten eingebunden ist.

Für mich stellt sich dann die Frage, wie bekommen wir diese unflexible Zone etwas aufgetaut, ohne dass wir gleich von der Kraft der Emotionen überschwemmt werden? Ich glaube, dass Dahinschmelzen hilft.

Gefühle aufweichen

Vielleicht ist es dir aus irgendeinem Grund noch nicht möglich, dieses Gefühl, diese Strategie gehen zu lassen. Du bemerkst, dass du da etwas in dir herumträgst, aber irgendwie hast du es lieb gewonnen oder es schützt dich oder es erscheint dir jetzt gerade zu groß (von wegen Überschwemmung und so). Dann ist es hilfreich, sich wie auf Zehenspitzen ein wenig zu nähern, vielleicht unterstützt von deinem Atem und mal hinzublinzeln. Einfach mal zur Kenntnis nehmen, was gerade aktiv ist. Statt dann vielleicht in den festen Zustand von Eis zu erstarren und wieder wegzugucken, gehst du dieses Mal in den fluffigen Schnee. Die Moleküle sind noch immer miteinander verbunden, aber eben auch mit winzigen Zwischenräumen. So ist er ganz schön stabil, trotz Raum dazwischen.

Auf diese Weise umhüllst du eine starke Emotion sozusagen, ohne sie zu unterdrücken. Vielleicht knirscht es an der einen oder anderen Stelle, so, wie du deine Schritte im Schnee knirschen hörst. Aber es gibt keine Erstarrung, an der du abrutschst. Ein anderes Mal, wenn du bemerkst, dass dieses unangenehme Gefühl, dieser kritische Gedanke, der … sich wieder bemerkbar machen, schenkst du ihnen etwas Wärme. Du fühlst mit dir mit, statt es weghaben zu wollen. Diese paar Grade plus lassen alles ein wenig weicher, flexibler, flüssiger werden. Wenn du magst, nimmst du den Atem dafür zur Hilfe. Du lässt einmal den Atem in den Bauch fließen und diesen mit jedem Atemzug ganz weich werden. So hast du gleichzeitig einen Anker in dir.

Und abschließend möchte ich noch erwähnen, dass all diese Aggregatzustände bei unterschiedlichen Wetterlagen vorhanden sind. Sie gehören zum Wechsel der Jahreszeiten dazu. Unser Leben ist ein bisschen damit zu vergleichen – mit diesen verschiedenen Wetterlagen. Wir sollten das nicht allzu persönlich nehmen. Vielmehr sollten wir uns daran erinnern, dass im Kern das Eis, der Schnee, der Dampf immer noch Wasser sind. So gibt es auch in uns ein Zentrum, das immer heil und uns eine Zuflucht ist.

Diesen heilen Kern entdecken und sorgen, dass er ausreichend Raum hat, sich zu entfalten, erfordert Achtsamkeit und Mitgefühl.

Wenn ich Dich unterstützen kann deinen Raum in dir zu entdecken und achtsam deine Gefühle zu erforschen, dann schaue doch mal auf meine Coaching-Angebote.