Der Elefant mitten im Raum…

Der Elefant sitzt mitten im Raum…

…und keiner spricht darüber. Es gibt da ein, meist unangenehmes, negativ besetztes Thema – und niemand mag es ansprechen. Das Gespräch fließt dahin mit mehr oder weniger belanglosen Themen und wir bemerken, wie alle um den Elefanten tanzen.
Woran liegt das? Und wie können wir mit solchen Situationen zukünftig souveräner umgehen?

Psychologen nennen dafür eine mögliche Ursache – den „mum effect“. Niemand möchte gern seine Mutter enttäuschen. Übertragen auf unsere Kommunikation können wir das so verstehen, dass niemand gern der Überbringer schlechter Nachrichten sein möchte. Nicht nur, dass dieser laut Überlieferung bestraft wird, und zwar unabhängig davon, ob er etwas für die Sache kann oder nicht. Menschen möchten auch ungern einem anderen Menschen eine Nachricht überbringen oder über etwas sprechen, was ihm negative Emotionen oder schmerzhafte Erinnerungen bereiten könnte. Kombiniert mit unserem Überlebensinstinkt verwässern wir also schwierige Themen, machen sie verträglicher. Oder wir sprechen eben gar nicht darüber. Dann bleiben wir vielleicht lieber beim Wetter, dem Nachbarn und anderen weniger verfänglichen Themen.

Eigentlich ja eine liebenswerte Eigenschaft von uns Menschen, oder? Allerdings auch total anstrengend. Denn es gibt vielfältige Themen im Laufe unseres Lebens, die wir wahrscheinlich zunächst mal als unangenehm empfinden. Der Studienabbruch, der Jobverlust oder die Trennung vom Partner. Und was ist, wenn der Elefant in Form einer lebensbedrohlichen Krankheit oder dem Verlust eines geliebten Menschen dasitzt? Not oder Unglück nicht anzusprechen, kostet viel Energie, denn irgendwie müssen uns ja verhalten.

Eine Möglichkeit diesen „mum effect“ zu überwinden ist, sich achtsam dem zuzuwenden, was bereits da ist. Das Thema ist viel zu präsent, um noch unter den Teppich zu passen.
In solchen Situationen geht es nicht mehr darum „Hey, wie geht es Dir?“ zu fragen. Vielmehr kann eine Frage lauten: „Wie geht es Dir gerade jetzt – an diesem Tag, in dieser Stunde, in diesem Augenblick?“ Dann steht nicht mehr das große Ganze auf dem Tisch. Dieser eine Moment mag einfacher zu nehmen sein und ermöglicht dem Gegenüber, sich zu öffnen. Zu spüren, was gerade in ihm vor sich geht und vom Herzen her zu sprechen, was jetzt präsent ist. Die Energie dieses Schmerzes, dieser Gedanke, diese Gefühle zirkulieren sonst in uns. Durch das „sichtbar machen“ finden sie einen Ausdruck und rotieren nicht mehr wie wild herum. Wir können klarer und ruhiger werden mit der Zeit, auch dem Schmerz gegenüber.

Ich glaube, wenn wir mit Empathie und Ehrlichkeit fragen und zuhören, gelingt es uns, dem Elefanten im Raum zu begegnen. Wie in einem bösen Traum aufzuwachen und das Licht anzuschalten. Die Angst und die Isolation werden kleiner und es kann Raum für Heilung entstehen.