Früher hieß es Grübeln, heute nennt man es „Overthinking“
Wenn ein deutscher Begriff mit einem englischen Gegenstück Einzug in unsere Sprache hält, dann ist er in der Arbeitswelt angekommen. Englisch als internationale Arbeitssprache macht so manch angestaubten deutschen Begriff irgendwie interessanter oder eben „more fancy“.
Es gibt Vordenker, Nachdenker und Grübler – Entschuldigung, „Overthinker“.
Denken ist in unseren Gehirnen von Natur aus angelegt und durchaus willkommen. So manches Mal haben wir uns wohl in der einen oder anderen Situation gewünscht davon mehr Gebrauch gemacht zu haben. Overthinking allerdings bedeutet eine innere Grenze überschritten zu haben. Es muss nicht gleich pathologisch sein, aber zumindest ist es hinderlich und ruft nach einem Blick darunter. Wir können uns die Frage stellen, warum wir an diesem oder jenem Thema uns eigentlich so verbeißen. Oft stehen dahinter Sorgen und Ängste und die wollen erst einmal zur Kenntnis genommen werden, bevor wir eine bekannte Strategie wechseln gegen eine neue, die uns mehr nutzen kann. Dafür kennen wir uns hier ja viel zu gut aus…
Zu viel Denken kann uns behindern
Wenn wir zu viel Denken kommen wir nicht ins Tun. Unsere Ideen sind sozusagen Rohrkrepierer, weil wir uns sämtliche Schreckensszenarien ausmalen, was alles schiefgehen könnte. Das wusste schon der alte Murphy, aus dem ein Law wurde. Das Unterbewusstsein unterscheidet eben nicht nach Realität und Gedankenwelt.
Wenn wir dann erst einmal in unseren Grübelschleifen stecken, wird es oft dunkler in uns. Noch so ein Erbe aus der Steinzeit – dieses ständige Suchen nach Gefahren. Und ehe wir uns dann versehen, nehmen Stimmung und Energie spürbar ab. Mist, gerade war da noch Motivation, Kreativität und Enthusiasmus und nun ziemlich viele Wolken und ein ganzer schöner Druck, die beide das strahlende Licht unseres Geistes verdunkeln.
Die positive Nachricht ist, dass wir in vielen Fällen selber dafür sorgen können, dass die Wolken sich verziehen und der Himmel wieder klar wird. Mit zunehmendem Handlungsspielraum nimmt auch der Druck weiter ab.
Was hilft bei negativen Gedanken und zu viel Grübelei?
- Erst einmal bemerken, dass du gedankliche Schleifen drehst und wie die Färbung bzw. Stimmung deiner Gedanken derzeit ist. Wir haben die Fähigkeit unsere Aufmerksamkeit zu steuern, müssen aber erst einmal erkennen, was gerade passiert.
- Unsere neuronalen Vernetzungen können wir neu gestalten. Das ist eine wunderbare Fähigkeit unseres Gehirns, denn wie es so schön auf Englisch heißt: „Neurons that fire together, wire together.“ Frei übersetzt: lass deine Synapsen sich neu vernetzen.
- Umgib dich mit positiven Menschen. Deren Energie färbt ab und dir fällt es leichter, dich von deiner positiven Seite zu zeigen.
- Es lohnt sich in vielen Situationen Danke zu sagen. Wir haben zwar bereits als Kinder mitbekommen, dass zu einem freundlichen Umgangston gehört sich zu bedanken, aber im erwachsenen Alter geschieht dies allzu oft nur noch nach Knigge.
Wie schade, denn hier vernetzt du Neuronen in deinem Gehirn, Gutes und Positives in deinem Leben zu erkennen. Die nehmen nimmt mit der Zeit mehr Platz ein als dunkle Grübelwolken und Sorgenszenarien und erkennen immer mehr Dinge die gut laufen. Auf hormoneller Ebene sorgst du für die Ausschüttung deines Glückshormons und fühlst dich reich beschenkt. Wie toll ist das denn?
Kannst du dich an einen Geburtstag oder Weihnachten zurückerinnern, wo du Geschenke auspacken durftest? Wie hat sich das angefühlt? - Für sich selbst Sorge tragen und sich fragen „Was tut mir gut?“ „Was brauche ich, um mich sicher und gut zu fühlen?“ Wenn nun eine leise Stimme aus deinem Bauch oder Herzen aufsteigt, drücke sie nicht weg, sondern höre gut zu. Dann schau, wie du es umsetzen kannst.
- Eine geniale Übung, wie ich finde. Setze dich täglich für 10-30 min auf einen Grübel-Stuhl (der darf gern unbequem sein) und baue so einen Widerstand gegen zu viel Grübeln auf.
Soforthilfe in akuten Grübel-Stimmungen:
- In Verbindung bleiben mit Familie, Freunden, Kollegen und Vorgesetzten und darüber sprechen, was gerade in dir vorgeht.
- Gib Verantwortung ab. Das klappt im Haushalt ebenso wie im Job. Bedeutet allerdings auch, dass du loslassen musst. Das ist vielleicht nicht immer einfach.
- Einen Gedanken durch einen anderen Gedanken stoppen. Sage dir zum Beispiel: „Niemand macht sich so viel Gedanken über dich selbst wie du.“
Das soll jetzt nicht bedeuten, dass du dich selbst klein machst, sondern steht dafür, dass sich wahrscheinlich am nächsten Tag kein anderer Mensch mehr Gedanken über den Fehler, das Verhalten oder das Missgeschick von dir machen wird. Das Leben geht weiter. - Dir innerlich Sätze sagen, wie zum Beispiel: „Das kann so sein, aber ich kann es nicht wissen.“, statt das Verhalten anderer zu interpretieren. Damit bleibst du innerlich offen und die Annahmen, die du triffst, sind nicht die einzige Wahrheit, die existiert. Das schafft Weite und Raum für Möglichkeiten.
Wenn also die nächste „Overthinking“-Welle über dich hinwegrollt, dann hast du nun ein paar Werkzeuge, die dich da schneller wieder rauskommen lassen. Vielleicht passt etwas für dich. Das würde mich freuen.
Mein Lieblingswerkzeug ist und bleibt die Meditation. Sie hat langfristige Auswirkungen auf mein Nervenkostüm. Und in akuten Notsituationen helfen mir immer ein paar bewusste Atemzüge. Für klare Entscheidungen braucht es einen klaren Kopf. Wenn du merkst, dass bei dir sortieren ansteht, dann bin ich gern als Sparringspartnerin an deiner Seite.