Was ist Achtsamkeit? – 3 Faktoren

Achtsamkeit ist ein vielgenutztes Wort. Erscheint dir das auch manchmal etwas abstrakt? Oder was verstehst du darunter?

In diesem Audiogram erzähle ich über die 3 Faktoren von Achtsamkeit. Ich beschreibe, wie eine mögliche Definition lauten kann und wobei uns Achtsamkeit behilflich sein kann. Viel Spaß beim Hören 🙂

Die 3 Faktoren von Achtsamkeit:
Präsenz, Bewusstsein, Urteilsfreiheit

Transskript des Audios

Was ist eigentlich Achtsamkeit?

Jetzt pass doch mal auf! Ist das Achtsamkeit? Wohl eher nicht. Denn es geht nicht ums Aufpassen oder angestrengt Konzentration.

Für Achtsamkeit gibt es zahlreiche Definitionen. Oft werden dabei drei Aspekte genannt: Präsenz, Bewusstsein, Urteilsfreiheit. Was dahinter steckt? Darauf möchte ich jetzt ein bisschen näher eingehen.

Achtsamkeit ist zunächst einmal Präsenz…

Die meisten von uns haben wahrscheinlich schon oft auf die Frage: „Was bedeutet denn Achtsamkeit?“, die Antwort: „Im Hier und Jetzt sein“ gehört. Damit ist gemeint, dass wir uns weder in der Vergangenheit, noch in der Zukunft befinden, also in der Gegenwart sind.

Und ja, sich mit der Aufmerksamkeit in der Gegenwart zu befinden, ist eine gute Ausgangsbasis und hilfreich bei ziemlich vielen Dingen, die wir so im Alltag erledigen. Zum Beispiel beim Auto oder Fahrrad fahren, denn so kommen wir sicher von A nach B. Oder in der Kommunikation, denn so sind unsere Ohren voll auf Empfang gestellt und unser Gegenüber hat unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Das wird die Qualität der Konversation sicher erhöhen.

Arbeit und Hobbys machen mehr Spaß, wenn wir uns ihnen ganz widmen dürfen. Aber ist das schon Achtsamkeit?

Der 2. Aspekt von Achtsamkeit: Bewusstsein

Wenn wir zum Beispiel einen Hundewelpen beobachten, dann ist er bestimmt präsent im jeweiligen Moment, aber ist er auch achtsam? Ich würde sagen, nein. Er ist wahrscheinlich sehr von seinen Sinnen getrieben und schnuppert sich mit der Nase am Boden so durch die Gegend. Das ist für mich eher ein Hundewelpen-Modus.

Wir Menschen haben jedoch die Möglichkeit unser Bewusstsein einzuschalten. Das ist der zweite Aspekt von Achtsamkeit – zu wissen, wo wir sind. Bewusstsein oder bewusstes Sein, das heißt so viel wie „Ich weiß, wo ich bin.“ So oder ähnlich kann dieser Zustand vielleicht beschrieben werden. Oder: ich bemerke, was ich tue, denke, fühle, erlebe.

Ich hatte einmal einen Teilnehmer in einem MBSR-Einführungswochenende. MBSR steht für Mindfulness Based Stress Reduction. Der Teilnehmer berichtete davon, dass er sich nach der Kurseinheit auf dem Nachhauseweg einen Orangensaft gekauft hat. Den hat er dann gar nicht geschmeckt, weil er während des Trinkens mit etwas ganz anderem beschäftigt war. Er hat zwar bemerkt, dass er die Flüssigkeit getrunken hatte, weil er durstig war, aber seine Gedanken waren beim Checken des Fahrplans auf dem Handy und mit dem anschließenden Kauf der Fahrkarte beschäftigt. So hatte er diesen Moment eher unbewusst passieren lassen.

Wenn wir im gegenwärtigen Moment vollständig anwesend sind, dann bemerken wir auch, dass wir denken. Wir nehmen war, dass fortlaufend ein Film abläuft, der durch unseren Gedankenfluss kreiert wird. Sind wir bewusst im Jetzt anwesend, so können wir von dort aus die Realität erforschen, denn die Gegenwart ist nicht immer gleichzusetzen mit der Realität.

Der dritte Faktor der Achtsamkeit: Urteilsfreiheit

Hier kommt der dritte Faktor der Achtsamkeit hinzu – der Neutralität dem Geschehen gegenüber. Urteilsfrei sein. Sich in einem Augenblick zu befinden, in dem wir ganz präsent sind und uns bewusst sind, was passiert, das ist bereits eine große Herausforderung.

Jetzt ist zudem noch eine innere Haltung von Neutralität gefordert – und zwar allen Geschehnissen gegenüber.

Wow! Wie soll das denn gehen? Wir sind ständig am Einschätzen, ist das gut oder schlecht, richtig oder falsch, wichtig oder unwichtig für mich oder bin ich in Gefahr? Nur, bilden diese Gedanken wirklich die Realität ab?
Haben wir nicht vielmehr einen Filter zwischen den Gedanken und der Realität geschaltet, der geprägt ist, durch alte Erfahrungen und eingeübte Verhaltensmuster?

Mich erinnert das an ein Spiel aus der Kindheit – Wolken beobachten. Ich lag mit meinen Freunden im Gras und wir haben in den Himmel geschaut und in die Wolken gesehen und dort die verschiedensten Formen gesehen. Ein Tier, eine Blume, ein Auto, ein Flugzeug oder ein Riesengorilla. Jeder hatte eine unterschiedliche Wahrnehmung des gleichen Geschehens, weil er durch seine Filter geguckt hat.

Wertfrei im jetzigen Moment zu sein, bedeutet um die eigenen Filter zu wissen und sie bewusst wegzulassen. Wir Menschen können die Beobachtungskraft unseres Geistes nutzen und uns auf die Metaebene begeben. Von dort aus können wir das Entstehen unserer Gedanken beobachten. Wir erkennen die Trigger, die sie erzeugt haben und wir können sie ziehen lassen, ohne auf den Inhalt näher einzusteigen und unseren eigenen Film zu erleben.

Die Qualität urteilsfrei zu sein bedeutet auch mal absichtslos zu sein, ohne etwas haben oder erreichen zu wollen. Daran scheitert übrigens ganz oft die eigene Meditationspraxis, denn auch damit wollen wir vielleicht erreichen entspannter oder zufriedener zu sein oder haben ein anderes Ziel vor Augen.

Versuche einfach mal, dich auf den jetzigen Moment einzulassen und versuche ihn so zu nehmen, wie er kommt und dann den nächsten und den nächsten. Wenn du magst, nimm dabei deinen Atem zu Hilfe und beobachte ihn von Moment zu Moment.

Meditation ist ein super Fitness-Center für den Geist

Du findest auf meiner Seite unter Downloads kürzere und auch ein paar längere Meditationen, einfach mal zum Reinschnuppern.

Auch der Alltag bietet uns viele Gelegenheiten Achtsamkeit zu trainieren, denn wie oft sind wir genau nicht in einer achtsamen Haltung. Wir sind ungeduldig mit unseren Kindern, unzufrieden mit unseren Partnern und Kolleginnen, verärgert über einen Dienstleister, besserwisserisch in einem Teammeeting oder schimpfen mit uns selbst.

Jeder einzelne dieser Momente kann schmerzhaft, nach einem Muster, immer und immer wieder durchlaufen werden. Oder du wählst einen anderen Weg. Mit einem Achtsamkeitstraining wirst du mit der Zeit zu mehr Klarheit, Stabilität und Gelassenheit finden. Selbstbestimmtes Handeln und das Gefühl von Freiheit, werden dir eine ganz andere Lebensqualität vermitteln.

Hier war Gabriela. Achtsamkeits-Coach, MBSR-Trainerin und Zwischenraumsucherin.