„Kann es jetzt nicht mal leise sein?“
Gerade war G20-Gipfel in Hamburg. Viele Hamburger haben das wahrscheinlich mehr oder weniger intensiv mitbekommen. Und falls nicht live, dann haben die Medien uns daran teilnehmen lassen. Diejenigen von uns, die meditieren, haben diese Tage vielleicht als eine besondere Herausforderung empfunden. Denn plötzlich ist es da – das pralle Leben, wenn wir doch in Stille sitzen möchten.
Ich wohne direkt am Tagungsort und hatte während des Gipfels viel mit Sirenen und Hubschraubern zu tun. Von morgens früh bis spät in die Nacht. Mal mehr, mal weniger, aber immer wiederkehrend. Warum ich das erzähle? Andere Menschen haben doch sehr viel mehr erlebt als eine stete Geräuschkulisse.
Mich hat dabei folgender Gedanke umgetrieben: wie oft möchten wir uns zu bestimmten Zeiten hinsetzen zur Meditation und dann kommt es – das Hindernis. Etwas hält uns davon ab zu meditieren. Gern genommene Hindernisse sind z.B. der nächste wichtige Termin, dringende Familienangelegenheiten, die Müdigkeit oder auch die Vorstellung:
„Hier kann ich nicht ungestört sein. “
Wie stellen wir uns denn das „ungestört sein“ vor? Gibt es den richtigen Zeitpunkt oder Ort, um zu meditieren? Vielleicht auf einer Blumenwiese, am Meer oder im Wald? Am liebsten total einsam und keine Ablenkungen um uns herum. Es weht ein laues Lüftchen, die Sonne kitzelt unsere Nase. Soweit zum Sommerszenario. Im Winter ist es vielleicht der Platz auf der Schaffell-Matte mit einem duftenden Tee vor uns, Kerze und Räucherstäbchen, die die Luft erfrischen. Partner und Kinder sind beschäftigt, die Wohnung gehört uns.
Ich weiß nicht, wie das bei euch ist, aber bei mir gibt es Nachbarn mit kleinen Kindern im Haus, die eine gute Lunge haben, eine Gesangslehrerin, die ihre Stunden gibt, Autoverkehr vor der Tür und – seit Neuestem – Hubschrauberlärm und Polizeisirenen im Minutentakt. Meditiere ich deshalb nicht? Nein. Denn das Leben ist in diesem Augenblick, wie es ist. Ich kann an den äußeren Umständen gerade nichts ändern.
Geräusche sind erst einmal Geräusche. Je nach eigener Bewertung sind die Geräusche eher lästig oder hilfreich oder auch neutral. Wenn ich jetzt nämlich im Auto säße oder auf einer Demo wäre, wäre ich ziemlich sicher dankbar, dass mir eine Sirene einen Polizeiwagen ankündigt. Oder nimm die Musik. Ein Lied ist für manche Menschen hohe Kunst, für die anderen Menschen zum Davonlaufen.
Manchmal machen Geräusche eben auch ganz schön Stress. Die spannende Frage ist, wie können wir meditieren mit dem ganzen Treiben um uns herum?
3 Vorschläge zum Meditieren mit geräuschvollen Hindernissen:
1. Erst einmal: Hinsetzen (oder Liegen oder Stehen)
Führe in jedem Fall dein Vorhaben durch. Denn dieser Moment ist nicht besser oder schlechter als ein anderer. Du weißt nicht, was beim nächsten Mal sein wird.
2. Lade alle Geräusche ein mit Dir zu meditieren
Du kannst dir zu Beginn der Meditation im Geiste sagen, dass du alle Geräusche willkommen heißt, denn das heißt auch, dass du wach und präsent bist. Es mag sein, dass du dadurch mehr Geräusche wahrnimmst oder sie intensiver hörst. Oder sie werden nicht mehr so wichtig mit der Zeit.
3. Bemerke nun, was in dir geschieht
Tauchen Gedanken auf? Bewertest du die Geräusche als Lärm, störend oder zu laut, zu schrill? Wünschst du dir, sie mögen aufhören? Vielleicht bemerkst Du, wie Gefühle dazu entstehen. Du bist verärgert, wütend oder enttäuscht, weil deine Meditation nicht so abläuft, wie du sie gern hättest. Bemerke auch, welche Empfindungen jetzt in deinem Körper präsent sind. Vielleicht gibt es Unruhe oder Anspannung an bestimmten Körperstellen. Oder etwas ganz anderes, was sich jetzt zeigt.
Versuche alles wahrzunehmen, ohne es verändern zu wollen. Die Veränderung passiert meist von ganz allein. Von Augenblick zu Augenblick. Und neben Geräuschen, Widerstand oder Ärger können sich so auch Freude, innere Ruhe und Zufriedenheit zeigen.
In der Meditation haben wir die Chance zu betrachten, was in uns durch die Geräusche ausgelöst wird. Wir bemerken unsere Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen, die entstehen und sich stetig verändern. Wir bemerken, wie wir uns ablenken lassen. Ein Gedanke ruft einen weiteren hervor, der noch einen und daraus entsteht vielleicht ein Gefühl und der Körper reagiert auch auf all das z.B. mit einer Anspannung oder einer anderen Empfindung. So drehen wir uns um uns selber in unserem eigenen, selbst gemachten Kosmos.
Die gute Nachricht ist – das, was wir selbst erschaffen, können wir auch selber verändern 🙂