Der achtsame Umgang mit der eigenen Zeit
Hast Du eine Lieblingszeit? Vielleicht Sonnenaufgang oder -untergang? Sommer- oder Winterzeit? Seins- oder Schaffenszeit?
Bei mir ist es die Zeit vor dem Sonnenaufgang. Wenn alles noch ganz still um mich herum ist. Auch die Geräusche von draußen sind noch gedämpfter. Ich mag es, die Welt beim Erwachen zu beobachten.
Mein Morgenritual – Zeit mit mir verbringen
Ich selbst, noch etwas bettwarm, schleiche mich barfuß aus dem Zimmer, um in meine Mediationshütte zu gehen und freue mich auf die kommende Zeit ganz mit mir. Manchmal findet die auch einfach mit einer Tasse duftenden Tees auf dem Sofa statt.
Irgendwann beginnen die Vögel zu singen und spätestens jetzt wird mir bewusst, mit welcher Kompromisslosigkeit der Tag anbricht. Bald wird der Rhythmus ein anderer sein und sich vieles beschleunigen. In solchen Momenten bleibe ich extra noch ein wenig in Stille sitzen, bevor ich die Augen öffne und sehe, wie sich der Himmel verfärbt. Ein weiteres Highlight meines Tages gleich am Morgen. Die Zeit läuft sichtbar. Jetzt bin ich bereit.
Hast Du auch ein Morgenritual für Dich? Wie sieht das aus? Falls nicht, überlege, wie du dir wünschst in den Tag zu starten und was dir dabei helfen kann.
Zeit – was ist das eigentlich?
Zeit wird von uns ziemlich relativ wahrgenommen. Wenn wir uns langweilen oder etwas als unangenehm empfinden, schleicht sie nur so dahin. Wenn wir mit einem lieben Menschen zusammen sind oder Dinge tun, die wir lieben, dann scheint sie uns viel zu schnell zu vergehen.
Wir sprechen gern von Zeiträubern, einem Mangel an Zeit und dass sie uns durch die Finger rinnt. Wirklich?
„Wenn man zwei Stunden lang mit einem Mädchen zusammensitzt, meint man, es wäre eine Minute. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heißen Ofen, meint man, es wären zwei Stunden. Das ist Relativität.“
Albert Einstein
„Ursprünglich (bis ca. 1956) war die Sekunde als der 1/86.400te Bruchteil eines mittleren Sonnentages definiert (24 Stunden zu je 60 Minuten zu je 60 Sekunden). Dieser mittlere Sonnentag dauert etwas länger als eine komplette Drehung der Erde um sich selbst, die nur etwa 23 Stunden, 56 Minuten und 4 Sekunden dauert, was einem Sterntag entspricht.“ (Quellen: Wikipedia, diverse Internetquellen).
Später dann kam die Festlegung, dass die Sekunde der 31.556.925,9747-te Teil des tropischen Jahres ist. So konnten wir Menschen noch präziser messen.
Das ist auf der einen Seite total klasse, aber die Beziehung zwischen Menschen und Zeit ist oft ein angespanntes.
Zeitmangel und Stress als Zeichen für Wichtigkeit
Mir begegnet, gerade im Kontext der Arbeitswelt, immer wieder der Glaube, dass die eigene Arbeit besonders wichtig ist, wenn sie nur unter ausreichend Stress erledigt wird. Menschen, die gechillt arbeiten, gehören eher in die Kategorie Faulenzer. Zugegeben, ich polarisiere hier. 😉
Aber die eigene Wichtigkeit am Grad des Stresses zu messen, ist nicht gesund. Weder physisch noch psychisch. Wenn wir Überlastung fühlen oder bei anderen Menschen sehen, sollten wir erst einmal klären, was die Ursache dafür ist. Denn wenn Stress über eine längere Zeit andauert, kann das negative Konsequenzen für den Körper haben.
Strukturelle Ursachen können wir manchmal mit besserem Zeitmanagement und vorausschauender Planung beheben. Nur geht das nicht immer. Dann sind vielleicht zu wenige Ressourcen vorhanden oder Strukturen fehlen gleich ganz. Das ist nicht mal eben so gelöst.
Was tun? Regeneration und dem Körper Homöostase (Gleichgewichtszustand) erlauben sind in jedem Fall eine gute Wahl. Wie regenerierst du dich am besten?
Der achtsame Umgang mit Zeit
Ich stelle fest, dass mittlerweile Zeit zu einem wahnsinnig kostbaren Gut geworden ist. Ich werde überrascht angeschaut, wenn ich mir regelmäßig Zeit z. B. fürs Meditieren oder kurze Auszeiten wie einen Spaziergang in der Natur nehme oder gar gefragt „Dafür hast Du Zeit?“
Hast du auch eine Tätigkeit, ein Hobby oder etwas anderes, wofür du dir Zeit nimmst und dass Irritation bei deinem Gegenüber auslöst, wenn du dafür einstehst?
„Zeit die wir uns nehmen, ist Zeit, die uns etwas gibt.“
Ernst Ferstl
Der achtsame Umgang mit Zeit bedeutet für mich,
- dass ich mir neben Schaffenszeiten auch Seinszeiten gönne. In denen muss nichts passieren. Da bin ich mir selbst genug und lausche in mich hinein. Ich muss keine Informationen verarbeiten (auch kein Buch, Podcast oder Musik), sondern schaffe mir bewusst Freiraum. Am liebsten tue ich das in der Natur.
- ausreichend Verbindung mit lieben Menschen zu haben. Begegnungen, in denen es um nichts geht, sondern wo beide Seiten so sein dürfen, wie sie gerade sind. Ungeschminkt und echt. Ohne geputztes Zimmer und 5-Gänge-Menü.
- die Dynamik des Lebens zu leben. Mich zu bewegen, wenn es stimmig für mich ist. Innezuhalten, wenn mein Tag überwiegend in Bewegung war. Hineinfühlen in meinen Körper und bemerken, was er braucht. Ihm Regeneration gönnen ohne „wenn und aber“.
Zeit läuft uns nicht weg oder zerrinnt uns zwischen den Händen. Sie ist immer da. Es liegt an uns zu bestimmen, wofür wir sie verwenden. Manchmal entscheiden wir uns für etwas, wo keine Freude liegt. Dann ist das keine verschenkte Zeit gewesen, sondern wir haben uns Klarheit verschafft, wie wir unsere Zeit nicht verbringen möchten.
Wie ist dein Verhältnis zur Zeit? Verbringst du regelmäßig am Tag etwas Zeit mit dir selbst? Wartest du, bis sie dir jemand schenkt? Oder forderst du sie auch mal ein? Nimmst du dir im besten Sinne deinen Freiraum? Nimm dir einen Augenblick darüber nachzusinnen.
Achtsamkeitsübungen für Mini-Zeiträume
Apropos verschenkte Zeit. Manche Menschen können schlecht warten. Zum Beispiel an roten Ampeln, auf Busse, im Stau, an der Supermarktkasse oder auf andere Menschen. Ich empfinde Wartezeit inzwischen meist als ein Geschenk. Termine lege ich mir mit Puffer davor und danach, Buch und Laptop sind meist dabei und so kann ich wählen, ob ich an ungewöhnlichen Orten arbeiten möchte, etwas lese oder einfach den Atem beobachte und mein System etwas runterfahre. Ändern kann ich an den Situationen meist so oder so nichts.
Hier sind drei meiner beliebtesten „Warteräume“:
Achtsamkeitsübung 1 – im Verkehr
Wann immer du hier warten musst, sei dir bewusst, dass du ein Teil von dem bist, was gerade passiert. Vielleicht sogar ein/e Mitverursacher:In. Wenn du Ungeduld bemerkst, dann benennen sie und beobachte, was geschieht, wenn du sie benannt hast. Vielleicht verraucht sie. Wird sie stärker, könnte das an deinen Gedanken liegen. Lass die Gedanken ziehen wie Wolken am Himmel oder Boote auf der Elbe.
Achtsamkeitsübung 2 – die Supermarktkasse
Der Klassiker des Wartens für viele und natürlich ist immer dort die Schlange am längsten, wo wir gerade stehen. Bedanke dich innerlich für das Geschenk des Wartens, denn du hast jetzt durch den Lebensmitteleinkauf gut für dein leibliches Wohl gesorgt. Jetzt gönne dem Geist ein paar Momente der Entspannung. Bringe alle Aufmerksamkeit hinunter zu deinen Füssen. Spüre, wie der Boden dich trägt.
Achtsamkeitsübung 3 – in der Telefonhotline
Ehrlicherweise kann ich diese Übung nur Fortgeschrittenen empfehlen. 😉 Mich fordert sie immer wieder. Ob es die sich ewig wiederholende Musik ist oder die steigende Hilflosigkeit, dass sich am anderen Ende keiner kümmert – es macht mürbe. Ich nutze diese Zeit zur Atemmeditation und stelle mir einen Timer dabei. Ich lege also fest, wie lange ich warten möchte. Damit schaffe ich mir wieder die Hoheit über meinen Tag.
Wenn du üben möchtest, wie du dein Mindset von einem ungeduldigen und angespannten Modus in ein entspanntes Sein ändern möchtest, dann hilft unter anderem regelmäßige Meditation. Sammle Momente, in denen du erfährst, dass auch ohne dein „Tun“ die Welt sich weiterdreht und du nicht gefährdet bist.
Eine Änderung unterbewusster Strategien und Verhaltensmuster werden in einem Coaching gut sichtbar. Hier geht es nicht um besseres Zeitmanagement, sondern um achtsamen Umgang mit deiner Zeit. Damit der Weg frei ist für die wirkliche wesentlichen Dinge in deinem Leben. Hier kommst du zu meinen Coaching-Paketen.